Krankheit und die Zeit vor Weihnachten
sind für viele schwerstkranke Menschen und ihre Familien eine ganz besondere Herausforderung.
Advent und Weihnachten gehören zu den Festzeiten, in denen besonders viele Emotionen und die Sehnsucht nach Geborgenheit, Familie, Liebe, Friede … erwachen, die während des Jahres vielleicht eher nicht so präsent sind. Es ist eine Zeit, in der man zurück blickt, sich an Kindertage erinnert, an Familienereignisse, … und sich das wohlige, zimtduftende Gefühl wünscht, das den Glanz des Christbaumes oder die warme Stimmung von Besinnlichkeit schenkt. Es ist die Zeit, in der Abschied nehmen, Schmerzen und Verlust besonders schwer wiegen.
Kontraste
Schmerzen – und Weihnachtsschmuck?
Sterbensmüde und todkrank – und die Geburtstagsfreude über Christus?
Hiobsbotschaften der Ärzte – und das Gloria der Engel auf den Feldern von Bethlehem?
Einsamkeit und Angst – und Feierstimmung mit Punsch und Keksen?
All das sind Kontraste und Einbrüche, die umso schwieriger in dieser Zeit sind, als man gerade jetzt doch so sehr um eine besonders schöne, gemütliche und angenehme Atmosphäre bemüht ist und sich nach „der guten alten Zeit“ vielleicht mehr denn je sehnt.
Schwierigkeiten sind immer auch große Chancen!
Gerade der Advent bietet sich an, positive Erinnerungen neu zu beleben, alte Bräuche und schöne Gewohnheiten ganz bewusst zu pflegen und damit in alle Dunkelheiten der Krankheit ein Licht der Hoffnung und des Genießens zu stellen.
Möglichkeiten dazu bieten z.B.:
- Düfte – angepasst an die Empfindsamkeit eines Kranken und an seine Vorlieben.
- Duftstövchen dezent und sparsam einsetzen, nicht ständig und mit Pausen nutzen – z.B. mit Weihnachts-Duft-Ölen! (Achtung! Schwerkranke nehmen Düfte oft intensiver wahr!)
- Immer nur naturreine, ätherische Öle benutzen (Keine synthetischen Öle!)
- Beim Einsatz von Düften sehr achtsam und einfühlsam auch auf die nonverbalen Reaktionen reagieren. (Wenn Schwerstkranke nicht mehr sprechen können, dann umso mehr auf Signale des Wohlbefindens oder Unwohlseins achten – z.B. Mimik, entspannte oder angespannte Gesichtsmuskulatur, gesamter Muskeltonus höher oder niedriger, Schwitzen, Kreislauf / Hautfarbe, Pulsfrequenz, Atmung, allgemeine Ruhe oder Unruhe … usw.)
- Kleine Leckereien und eine besinnliche Feierstunde mit lieben Menschen, die dem Tag etwa am Abend eine besondere Note verleiht und in der man sich ganz bewusst füreinander Zeit nimmt. Mit Genuss ein wenig Punsch oder was möglich ist, Plätzchen oder was man gerne mag und auch verträgt … ein wenig beisammen zu sein, zu plaudern, vielleicht Gedichte oder in der Bibel zu lesen (wo das eben passt), … all das kann einen Tag im Advent heller machen.
- Tipp: Für Kranke, die mit normaler Nahrung Schwierigkeiten haben, kann man z.B. einen Punsch, einen Gewürztee o.Ä. als „Eis am Stäbchen“ einfrieren und dann ein wenig den Geschmack auf die Zunge bringen. (dazu eignen sich sehr gut Reagenzröhrchen aus Kunststoff. Achtung bei Holzstäbchen – wegen Verletzungsgefahr)
- Musik. Eine wohlige Atmosphäre ist wesentlich von Klängen beeinflussbar. Gerade wenn Schwerstkranke zusätzliche Apparaturen, medizinische Hilfsgräte etc. benötigen, können gerade diese Geräusche mit schöner Musik ein wenig abgeschwächt werden. Mit Musik verbindet man sehr stark Erinnerungen, Assoziationen, Emfpindungen und kann diese wach rufen oder auch lindern. Wenn man weiß, was für einen speziellen musikalischen Geschmack jemand hat, dann ist dies eine wunderbare Möglichkeit, um Raum und Zeit eines Kranken angenehmer zu gestalten
- Achtung! Nicht einfach nur Radio oder CD anmachen. (Es ist in der Pflege eine sehr üble Angewohnheit, wenn Pflegende oder Angehörige einfach die eigene Lieblingsmusik einschalten – vor allem, wenn der Kranke sich nicht äußern oder dagegen wehren kann!)
- Lautstärke anpassen! (Wahrnehmung Kranker ist oft ausgeprägter!)
- Wickel und Auflagen (warm oder kühlend, angepasst an die Krankheit und Befindlichkeit / Vorliebe)
- Einreibungen können sehr viel Linderung und angenehme Wahrnehmung geben. Ein dezenter Duft nach Belieben im natürlichen Öl und die Berührung sind Balsam für Körper und Seele – vor allem in dieser Zeit, in der jede Form von Ausgeschlossen-sein und Einsamkeit besonders schmerzlich empfunden wird. Taktile Reize und Berührungen können Brücken bauen, Abgründe der Entfremdung und Abkapselung in Krankheit und Angst überwinden, …
- Seelsorgebesuch anregen / anbieten – geistliche Impulse und Gewohnheiten pflegen. Die Adventszeit bietet im Besonderen eine gute Möglichkeit, die ermutigt, Seelsorge in Anspruch zu nehmen / anzubieten. Was man sich vielleicht unterm Jahr nicht so trauen würde, hat im Advent einen fast natürlichen Raum – für Kranke und Angehörige gleichermaßen.
- z.B. Seelsorger zu einem Kaffee einladen und die Chance für eine Aussprache, Gespräch, Sakramentenempfang, … öffnen
- gemeinsames Morgen- / Abendgebet mit Kerzenlicht und einer musikalischen Einstimmung
- gemeinsame Bibelandacht oder Sinndeutergeschichten …
Das sind nur ein paar Vorschläge, mit denen man den Advent auch für Schwerstkranke so gestalten kann, dass er eine „besinnliche Zeit“ im besten Sinn werden kann. Natürlich gilt es immer den Religionshintergrund zu beachten und entsprechende Bräuche zu pflegen.
Gerade mit wiederkehrenden Ritualen schafft man Geborgenheit, Sinnfindung, Raum für ein offenes Gespräch und positive Erfahrungen.
Einen besinnlichen, gesegneten Advent,
Trost, Kraft und Frieden
in aller Herausforderung von Krankheit und Konfrontation mit Schmerz und auch mit Tod.
wünscht Ihnen Schw. Doreén